Geschichte

Geschichte

des Max-Planck-Instituts für Herz- und Lungenforschung
- W. G. Kerckhoff-Institut

Die Geschichte des Max-Planck-Instituts für Herz- und Lungenforschung gründet auf dem Wirken zweier Personen, Professor Franz Groedel (1881–1951) und William G. Kerckhoff (1856–1929). Franz Groedel praktizierte als einer der ersten deutschen Kardiologen in Bad Nauheim, dem seinerzeit weltweit bekannten Kurort zur Behandlung von Herzleiden.

William G. Kerckhoff war ein deutschstämmiger kalifornischer Geschäftsmann. Um die Jahrhundertwende war er wesentlich am Ausbau der Energie- und Transportwirtschaft von Los Angeles beteiligt war. Mitte der 1920er Jahre hielt er sich mehrfach mit seiner Frau Louise Kerckhoff zur Behandlung im Sanatorium von Prof. Groedel in Bad Nauheim auf.

Kerckhoff war bereits in Los Angeles als Wissenschaftsmäzen tätig geworden, unter anderem durch die Errichtung der Kerckhoff Laboratories am California Institute of Technology. Offenbar war er sehr angetan von dem damals revolutionären Plan Franz Groedels, in Bad Nauheim ein Herzzentrum für die Erforschung der Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu gründen, bei dem sowohl Kliniker als auch Theoretiker eingebunden werden sollten.

Bau des Institutsgebäudes

1929, kurz nach dem Tod William Kerckhoffs, wurde die William G. Kerckhoff-Stiftung gegründet. Kerckhoffs Witwe Louise spendete mehr als eine Million Goldmark für die Errichtung des Forschungsinstituts. Bereits Ende 1929 wurde nach Plänen des Architekten August Metzger mit dem Bau begonnen. Im Herbst 1931 konnte das Gebäude in Anwesenheit der Stifterin eingeweiht werden.

Grödel wird Direktor auf Lebenszeit

Franz Grödel war nach dem Willen Kerckhoffs auf Lebenszeit zum Direktor des Instituts ernannt worden. Zum Direktor der theoretisch-experimentellen Abteilung wurde der Physiologe Eberhard Koch (1892–1955) berufen, der durch Arbeiten zur Kreislaufsteuerung (Karotissinus-Reflex) bekannt geworden war.
Franz Grödel konnte nur für kurze Zeit an dem neuen Institut arbeiten: 1933 sah er sich wegen seiner jüdischen Herkunft und der drohenden Verfolgung zur Emigration in die USA gezwungen. Seine Hoffnungen auf eine baldige Rückkehr wurden enttäuscht. Nichtsdestotrotz blieb er dem Institut bis zu seinem Tode 1951 eng verbunden und leitete als Direktor weiterhin von New York aus dessen Geschicke.

Eberhard Koch, der dem Institut vor Ort kommissarisch seit 1933 vorgestanden hatte, nahm 1939 einen Ruf auf den Lehrstuhl für Physiologie in Gießen an. Die epidemiologisch-statistische Abteilung wurde ab 1940 von Frau Maria-Pia Geppert (1907–1997) geleitet. Auf Eberhard Koch folgte 1940 Hans Schaefer (1906–2000), der 1951 an die Universität Heidelberg wechselte.

Beitritt zur Max-Planck-Gesellschaft

Mit dem Tod Groedels 1951 und der weitgehenden Entwertung des Vermögens der Kerckhoff-Stifung in der Nachkriegszeit war das Kerckhoff-Institut in einer prekären Situation. Die Chance zum Neuanfang ergab sich durch die Aufnahme der Forschungseinrichtung in die Max-Planck-Gesellschaft.

Im Jahr 1952 konnte Rudolf Thauer (1906–1986) als Direktor der I. Physiologischen Abteilung gewonnen werden. Thauer, der über Fragen der Thermoregulation gearbeitet hatte, war 1947 im Rahmen der „Operation Paperclip“ in die USA gegangen. Von 1956 bis 1962 wirkte der Kreislauf-Physiologie Otto Gauer (1909–1979) als Abteilungsleiter am Institut. Die klinisch-kardiologische Abteilung (die heutige Kerckhoff-Klinik) wurde seit 1955 von Rudolph Knebel (1910–1983) aufgebaut, der 1963 zum Direktor der Abteilung berufen wurde.

1966 wurde eine weitere physiologische Abteilung eingerichtet und mit Eberhard Dodt (1923–1994) besetzt, der als Neurophysiologe über die Physiologie des Sehens sowie die zirkadiane Rhythmik arbeitete. Um dem zunehmenden Bedarf an Laborflächen gerecht zu werden, erhielt das alte Institutsgebäude einen Anbau, der 1969 bezogen wurde.

Umbenennung zum Max-Planck-Institut für Physiologische und Klinische Forschung

Mit der Emeritierung Rudolf Thauers 1974 begann ein neuer Abschnitt in der Geschichte des Kerckhoff-Instituts, das 1972 ganz der Max-Planck-Gesellschaft überlassen wurde und in „Max-Planck-Institut für Physiologische und Klinische Forschung“ umbenannt wurde. Die Leitung ging an ein Kollegium bestehend aus Eberhard Dodt (II. Physiologische Abteilung) sowie den 1972 und 1973 berufenen Direktoren Wolfgang Schaper (Experimentelle Kardiologie) und Eckhart Simon (I. Physiologische Abteilung) über.

Die Abteilung von Wolfgang Schaper, die 1981 einen Neubau in unmittelbarer Nähe der Klinik beziehen konnte, beschäftigte sich mit dem Gefäßwachstum (Arteriogenese) als Antwort auf Gefäßverschlüsse, während in der Abteilung von Eckhart Simon über die Regulation der Körpertemperatur sowie des Salz- und Wasserhaushalts gearbeitet wurde.

Im Jahr 1992 wurde Werner Risau (1953–1998; Abteilung Molekulare Zellbiologie) an das Institut berufen, der über die molekularen Mechanismen der Endothelfunktion mit dem Schwerpunkt Angiogenese arbeitete. Mit dem tragischen Tod von Werner Risau im Alter von 44 Jahren und der bevorstehenden Pensionierung der anderen Direktoren geriet das Institut in eine schwierige Lage.

Neugründung als MPI für Herz- und Lungenforschung

Mit der Unterstützung des Landes Hessen sowie der Universitäten Frankfurt und Gießen gelang es, ein neues Konzept für das Institut zu entwickeln, das 2004 in „Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung“ umbenannt wurde. Im Rahmen der Neuausrichtung wurden vier Direktoren berufen: Thomas Braun (2004, Entwicklung und Umbau des Herzens), Werner Seeger (2007, Entwicklung und Umbau der Lunge), Stefan Offermanns (2008, Pharmakologie) und Didier Stainier (2011, Genetik der Entwicklung). Im Jahre 2009 wurde zudem ein Neubau für drei der vier Abteilungen in direkter Nachbarschaft zur Kerckhoff-Klinik bezogen.

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